Bank bei Missbrauch der Kreditkarte in Beweispflicht

Urteil des Amtsgerichts München (Az. AZ 242 C 287/08)

Bank muss bei Kreditkartengeschäften nachweisen, dass diese vom Kunden getätigt wurden bzw. er für den Missbrauch der Kreditkarte verantwortlich ist

Die Kreditkarte bringt viele Vorteile mit sich. Seit etlichen Jahren wird das bargeldlose Bezahlen in Deutschland immer weiter vorangetrieben, und die Kreditkarte hat einen maßgeblichen Anteil am Erfolg dieses Zahlungssystems.

Doch die Kreditkarte bringt auch ein großes Missbrauchspotential mit sich. Immer wieder gehen Fälle durch die Medien, bei denen unberechtigt Kreditkartenabbuchungen vorgenommen wurden. So zum Beispiel, wenn der Inhaber seine Kreditkarte leichtfertig aus der Hand gibt, sie nicht genügend beaufsichtigt und der vermeintliche Zahlungsempfänger damit für eine gewisse Zeit machen kann, was er möchte. Doch nicht immer ist der Verbraucher schuld daran, wenn Beträge von seiner Kreditkarte bzw. dem damit verbundenen Kreditkartenkonto unberechtigt abgebucht werden.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch immer wieder die Frage, wer die Haftung für solche fehlerhaft oder vorsätzlich betrügerisch abgebuchten Beträge von einem Kreditkartenkonto übernehmen muss. Der Kunde hat in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, Geldüberweisungen von einer Kreditkarte zu widerrufen, wenn er das der Abbuchung zu Grunde liegende Kreditkartengeschäft bestreitet. Wie es sich in diesem Fall mit der Haftung seitens der Bank verhält, musste ein Urteil klären, das vom Amtsgericht München gesprochen wurde.

Folgender Sachverhalt lag der Gerichtsverhandlung zu Grunde:

Die Klägerin schloss bei Ihrer Hausbank einen Vertrag über eine Mastercard-Kreditkarte ab. In diesem Zusammenhang wurde in den Vertragsbedingungen festgelegt, dass sämtliche mit der Kreditkarte bezahlten Beträge vom Girokonto der Karteninhaberin eingezogen werden. Nachdem die Bankkundin einige Zeit mit ihrer Kreditkarte bezahlt hatte, stellte sie fest, dass in den entsprechenden Kartenabrechnungen plötzlich Abbuchungen von Geldbeträgen auftauchten, die sie selbst nicht veranlasst hatte. Sie reagierte zunächst darauf, indem sie ihre Kreditkarte sperren ließ. Die strittigen Beträge, welche von Kartenkonto der Kundin abgebucht wurden, ersetzte ihr das Kreditinstitut. In diesem Zuge wurde auch eine neue Kreditkarte ausgegeben.

Bereits etwa einen Monat später bemerkte die Kundin auf ihrem Kartenkonto wiederum nicht selbst getätigte Abbuchungen. Daraufhin ließ sie auch die neue Kreditkarte sperren und erstattete Strafanzeige gegen unbekannt. Gleichzeitig versicherte sie an Eides statt, die strittigen Umsätze nicht selbst getätigt zu haben.

Auch hier sprang das Kreditinstitut ein und ersetzte der Kundin die abhandengekommenen Beträge. Zudem wurde ihr eine dritte, wiederum neue Kreditkarte ausgegeben. Doch auch dadurch fand das Spiel kein Ende. Nach einiger Zeit bemerkte sie wieder Abbuchungen, die nicht von ihr getätigt wurden. Dieses Mal erstattete die Bank jedoch lediglich noch einen Teilbetrag, einen Rest in Höhe von mehr als 700 Euro dagegen nicht mehr. Gegenüber der Kundin äußerte das Kreditinstitut die Ansicht, sie habe die Abbuchung entweder selbst veranlasst oder einem Dritten ihre Kreditkarte leichtfertig ausgehändigt, so dass dieser die Karte missbräuchlich nutzen konnte. Die Kundin wollte dies nicht hinnehmen und verklagte die Bank auf Zahlung der nicht mehr erstatteten Beträge.

Vor dem Amtsgericht München legte das Kreditinstitut zunächst noch einmal seine Sicht der Dinge in allen Details dar. Es wurde ausgeführt, dass die fehlerhaften Abbuchungen vom Kreditkartenkonto immer von den gleichen Händlern vorgenommen wurden, obwohl die Kundin jeweils neue Kreditkarten erhalten hat. Es ergebe sich der Verdacht, dass die Händler an die jeweils neuen Kreditkartenkarten nur gelangen konnten, weil die Kundin nicht sorgfältig genug mit der Karte umging und ihnen somit die Möglichkeit dazu gab. Dem Einwand des Anwalts der Geschädigten, der Missbrauch könne auch durch einen Mitarbeiter der Bank entstanden sein, entgegnete der Rechtsvertreter dadurch, dass dieser durch die auf der Rückseite aufgebrachte Kartenprüfnummer ausgeschlossen sei. Diese Kartennummer sei keinem Mitarbeiter der Bank bekannt. Die Rechtsvertretung des Kreditinstituts führte nun an, dass die unberechtigten Abbuchungen auch durch einen Virus auf dem Computer der Kundin ausgelöst worden sein könnten. Daraufhin entgegnete die Kundin, direkt bei Erhalt der zweiten Kreditkarte ein entsprechendes Virenprogramm auf ihrem Computer installiert zu haben.

Zur Entscheidung der Richter:

Der Richter am Amtsgericht München folgte nach den ausführlichen Ausführungen der beiden Seiten der Klägerin. Das Gericht stellte fest: Durch die Abbuchungen vom Kreditkartenkonto der Klägerin sei auf Seiten des Kreditinstitutes eine sogenannte Vermögensmehrung eingetreten. In diesem Zusammenhang müsse die Bank nachweisen, dass die betreffenden Kreditkartengeschäfte tatsächlich durch die Karteninhaberin getätigt worden seien, bzw. dass diese für den Missbrauch der Kreditkarten verantwortlich sei. Ein solcher Nachweis sei von der Bank allerdings nicht erbracht worden. Die Aussage, die Kundin hätte keine ausreichende Sorgfalt bei der Verwaltung und Benutzung ihrer Kreditkarten walten lassen, sei von Seiten des Kreditinstitutes eine reine Vermutung. Das Gleiche gelte für die Aussage, der Missbrauch könne durch Viren auf den Computer der Klägerin entstanden sein.

Weiterhin, so stellte das Gericht fest, können die Kartendaten bei dem vielfachen Einsatz der Kreditkarte allen möglichen Leuten bekannt geworden sein. Dies gelte auch für die Mitarbeiter der Bank. Somit sei es durchaus möglich, dass ein missbräuchlicher Datentransfer ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sei. Aus diesem Grund käme auch eine Beweislastumkehr gemäß den Regelungen zum Anscheinsbeweis nicht infrage, denn hier läge kein Sachverhalt vor, aus dem ein denklogischer Schluss gezogen werden kann.

Abschließend, so das Gericht, käme der Umstand hinzu, dass die Bank ohne weitere Überprüfungen an Unternehmen leiste, deren Berechtigung durch die Klägerin bereits im Vorfeld bestritten worden war. Daher könne die Bank das Risiko von missbräuchlichen Abbuchungen vom Kreditkartenkonto nicht auf die Kundin abgewälzt werden. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass Abbuchungen durch Händler ohne weitere Sichtung von Belegen oder andere Prüfungen vorgenommen werden. Es stehe der Bank grundsätzlich frei, in ihrem System die Buchungen von Kreditkartenkonten so anzulegen, dass Abbuchungen von Händlern, mit denen bereits in der Vergangenheit Probleme entstanden sind, zunächst manuell geprüft werden, bevor man diese freischaltet. Ein solches System läge bei der beklagten Bank allerdings nicht vor, was einen Mangel an Sicherheitsstandards darstelle. Dieser könne der Klägerin nicht zur Last fallen.

Das Urteil ist für Verbraucher ein großer Schritt nach vorne. Schließlich ergeben sich immer wieder bei der Bezahlung mit Kreditkarten infolge von fehlerhaften oder vorsätzlich missbräuchlichen Abbuchungen Streitigkeiten zwischen Bank und Kunde. Durch das Urteil des Gerichts wird ganz klar festgelegt, dass die Schuldigkeit an solchen fehlerhaften oder betrügerischen Abbuchungen von Seiten des Kreditinstitutes zweifelsfrei nachgewiesen werden muss, damit dieses seiner Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz entgehen kann.

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