Überziehung einer Kreditkarte nach dem Tod des Karteninhabers durch autorisierten Nutzer ist nicht strafbar

Urteil des Oberlandesgericht Hamm (Az. 1 RVs 15/15)

Kreditkarten sind in Deutschland seit vielen Jahren immer weiter verbreitet, mittlerweile besitzt ein Großteil der Bevölkerung das sogenannte Plastikgeld. Wer noch keine Kreditkarte besitzt und auch keine eigene möchte, der leiht sich einfach eine bei einem Freund oder Verwandten.

Dass eine solche Kreditkarte nicht ohne Einwilligung des Besitzers verwendet werden darf, dürfte sich von selbst verstehen. Doch nicht wenige Kreditkarten werden z. B. dem Ehepartner, dem Kind oder auch anderen Freunden und Verwandten zur freien Verfügung überlassen, eventuell begrenzt durch einen Verfügungsrahmen. Doch was passiert, wenn der Inhaber der Kreditkarte verstirbt und im Anschluss derjenige, welcher die Kreditkarte überlassen bekommen hat, den finanziellen Verfügungsrahmen der Karte weiter nutzt? Handelt es sich hierbei um ein strafbares Verhalten oder nicht?

Genau mit diesen Fragen hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht Hamm auseinanderzusetzen. Es ging um einen sehr speziellen Sachverhalt, der sich wie folgt gestaltet:

Angeklagt wurde eine Frau, die den Haushalt eines vermögenden Rentners verwaltete. Dieser hatte der Dame seine Kreditkarte zur freien Nutzung überlassen, verbunden mit einem Verfügungsrecht von 5.000 Euro pro Monat. Nachdem der Karteninhaber verstorben war und die Angeklagte Kenntnis darüber erlangte, dass sie nicht als eine der Erben berufen war, tätigte sie innerhalb eines Monats insgesamt 22 Umsätze mit der Kreditkarte mit einem Gesamtvolumen von rund 4.500 Euro. Die Erbengemeinschaft war damit nicht einverstanden und verklagte die Betreuerin wegen Untreue. Der Fall wurde zunächst vor dem Amtsgericht Siegen verhandelt, wo man die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 600 Euro wegen Untreue verurteilt. Diese legte Berufung gegen das Urteil ein, wodurch der Fall erneut verhandelt wurde, diesmal vor dem Landgericht Siegen. Hier bestätigten die Richter das Urteil der Vorinstanz und legten ebenfalls eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro wegen Untreue fest.

Vorlage zur Vollmacht für die Nutzung einer Kreditkarte

Die Dame wollte sich die erneute Verurteilung ebenfalls nicht gefallen lassen und ging wieder in Berufung. Im Anschluss wurde der Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm erneut verhandelt. Die Richter kamen zu einem anderen Urteil als die Vorinstanzen und sprachen die Angeklagte frei. Laut ihrer Meinung liegt in diesem Fall kein Tatbestand der Untreue vor, insbesondere deshalb nicht, da die Angeklagte weder gegenüber den Erben nach gegenüber dem Verstorbenen eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt hätte und somit der Vorwurf der Untreue nicht haltbar sei. Mit der Überlassung der Kreditkarte zur freien Verfügung innerhalb des genannten Verfügungsrahmens hätte die Angeklagte eigenständig und eigenverantwortlich entscheiden können, wofür sie das Geld verwende – auch nach dem Tod des Angeklagten.

Die Erbengemeinschaft und ihre Anwälte erweiterten nun die Klage um die Tatbestände Betrug und Unterschlagung. Doch auch hier erhielten sie von den Richtern am OLG keine Bestätigung. Dies sei insbesondere deshalb der Fall, weil die Händler, bei dem die Angeklagte mit der Kreditkarte nach dem Tod des Inhabers eingekauft habe, nicht getäuscht worden seien und die Angeklagte selbst die Kreditkarte auch nicht unterschlagen habe. Auch hier sei das Augenmerk darauf zu legen, dass der Verstorbene ihr die Karte zur freien Verwendung überlassen hatte, ohne irgendwelche Auflagen oder Einschränkungen.